Heft 1, 2017: Die Famile – Zuflucht oder Zumutung? – ab 17. November am Kiosk
Berlin, November/Dezember 2016 – Im Fokus der neuen Ausgabe des Philosophie Magazins steht das Thema Familie: Was ist Familie? Ist sie ein Zufluchtsort oder eher eine Zumutung für den Menschen? Außerdem: Was lässt Stimmungen kippen? Heinz Bude streitet mit Bernhard Pörksen. Das neue Philosophie Magazin ist ab dem 17. November im Handel erhältlich.
Dossier
DIE FAMILIE – ZUFLUCHT ODER ZUMUTUNG?
Gerade vor Weihnachten reißt der innere Konflikt wieder auf. Einerseits verdanken wir ihr so viel, nicht zuletzt unsere Existenz. Gleichzeitig ist sie kaum zu ertragen. Aber warum?
Das Karenina-Paradox – Einführung von Wolfram Eilenberger
Zitat:
„Zunächst stellt die Tatsache, dass kein Mensch die Familie, in die er hineingeboren wird, selbst wählen kann, einen bleibenden Skandal unserer Existenz dar. Es handelt sich bei dieser Zumutung um einen Spezialfall dessen, was der Philosoph Martin Heidegger ganz allgemein die „Geworfenheit“ des menschlichen Daseins nannte.“
„Die Familie trägt die Selbstauflösung in sich“ – Interview mit dem Soziologen und Kulturtheoretiker Dirk Baecker
Zitate:
„Man kann das als Paradoxie formulieren: Die Familie muss ihre Kinder unglücklich genug machen, um die Familie verlassen zu wollen, und glücklich genug, um selbst eine Familie gründen zu wollen.“
„Die Familie ist einer der Orte, an denen man in der Gesellschaft zur Gesellschaft auf Distanz gehen kann. Das halte ich für unverzichtbar, um mit einer der Grundanforderungen komplexer Gesellschaften umgehen zu lernen.“
„Ich schulde euch gar nichts!“ – von Barbara Bleisch
Kinder schulden ihren Eltern Dankbarkeit, Fürsorge im Alter, ein gelungenes Leben? Weit gefehlt. Ein Plädoyer für eine längst überfällige Befreiung
Zitat:
„Anders als in einer Gläubiger-Schuldner-Beziehung fehlt im Eltern-Kind-Verhältnis schlicht der Vergleichsmaßstab für den Tauschhandel.“
„Wer meint, Kinder zu kriegen sei garantierte Sozialvorsorge, um die man sich später nicht zu kümmern habe, der irrt.“
Lässt sich Familie neu erfinden?
Svenja Flaßpöhler im Gespräch mit der Feministin Jana Hensel und dem Kulturwissenschaftler Andreas Bernard über Enge, Abkühlung und die Entdeckung neuer, lebbarer Räume.
Zitate:
„Heute würde ich Paaren raten, (…) Lasst los! Gesteht euch wechselseitig Freiheit und Unabhängigkeit zu! Findet neue Formen!“ (Hense):
„Unfruchtbare Paare, alleinstehende Frauen, gleichgeschlechtliche Paare, ältere Paare sind der Natur nicht länger ausgeliefert, wir haben es gewissermaßen mit einer Demokratisierung der Familienmöglichkeiten zu tun. Was natürlich auch dazu führt, dass Kategorien wie „Entsagung“ oder „Verzicht“ nicht mehr vorgesehen sind.“ (Bernard)
„Was Familie ist, wird in immer stärkerem Maße von den Menschen selbst gestaltet: Das verbindet die Reproduktionsmedizin mit der Patchworkfamilie. Niemand definiert mehr für mich, was meine Familie ist. Das tue ich selbst!“ (Hensel)
„Es ist sehr deutlich zu beobachten, dass der genetische Faktor von Elternschaft auch und gerade für die Kinder eine Rolle spielt, die per Samenspende gezeugt wurden.“ (Bernard)
Ist die Familie ein Bollwerk gegen den Kapitalismus?
Hegel sagt Nein, Sennet sagt Ja….
Aktuelles:
Was lässt Stimmungen kippen? Heinz Bude streitet mit Bernhard Pörksen:
Vor einem Jahr sorgte „Köln“ für einen republikweiten Stimmungsumschwung. Und Stimmungen machten den neuen US-Präsidenten. Wir fragen: Wie wird der Mensch, wodurch ein Volk gestimmt? Oder sind wir es selbst, die unsere Stimmung bestimmen?
Zitate:
„Bestimmt wird unsere Zeit doch vor allem durch eine Stimmung der Gereiztheit. Die Gereiztheit ist eigentlich etwas, das wir aus unseren kleinen Beziehungswelten kennen. Wir erleben aber gerade, wie sie übergeht in die Gesellschaft insgesamt – und das hat zentral mit der Digitalisierung und der Veränderung der Medienlandschaft zu tun.“ (Bude)
„Was sind die tieferen Gründe für diese Gereiztheit, für die Aggressivität des Tons? Meine Antwort: Sie hat zentral mit einer Ohnmachtserfahrung zu tun ….Und wie kann man sie in null Komma nichts verstärken? Durch Hass. Hass ist ein ungeheurer Stimmenverstärker.“ (Bude)
„Das digitale Zeitalter ist der Triumph des entfesselten Stimmungskonstruktivismus. Und Stimmung wird produziert.“ (Pörksen)
„Es ist ein echtes Versagen der akademischen Welt, dass sie sich der Teilhabe am öffentlichen Diskurs und dem Ringen um den Erhalt von Kommunikationsfähigkeit und Verständigungsorientierung in dieser Gesellschaft so stoisch entzieht, indem sie sich – in dieser politisch hochbrisanten Zeit – in eine öffentlichkeitsscheue Hermetik hineinreformiert.“ (Pörksen)
Weitere Themen:
aktuell: Problem Reichsbürger
Was die nationalen Junker wirklich umtreibt – und wie sie von ihrem unsouveränen Wahn zu befreien waren – Wolfram Eilenberger
Martin Luther und die Angst – von Thea Dorn
Zitat:
„Ich fürchte, dass Luther mit seiner Doppelbegabung, die Ungesichertheit menschlicher Existenz radikal zu empfinden und sie sich ebenso radikal vom Leib zu schaffen, uns Deutschen ein in der Tat höchst heikles Erbe hinterlassen hat.“
Amo. Der afrikanische Philosoph der Aufklarung – von Martin Duru
Ist die Philosophie nicht eine Erfindung und ein Diskurs von Weißen? Gab es in der Geschichte schwarze, afrikanische Philosophen? „Es gab ihn, im 18. Jahrhundert: Amo ein extrem berühmter Unbekannter, der erste Afrikaner, der einen Doktortitel einer europäischen Universität erhielt.“ Ein afrikanischer Philosoph der Aufklärung!
„Nur Menschen teilen ihre Welt“ – Gespräch mit Michael Tomasello
Der Anthropologe und Verhaltensforscher ist Co-Direktor am Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. Im Gespräch erklärt er, warum der Mensch Sprache und Moral ausbildet und wie Gruppenidentität wirkt.
Zitat:
„…eine Grundherausforderung der modernen, multikulturellen Gesellschaften ist, dass hier (Red: bei der Gruppe der „Neuankömmlinge“) die Korrelation von Ähnlichkeiten in Aussehen und Verhalten und Gruppenmitgliedschaft zusammenbricht. Auf einmal sind Menschen Teil unserer Gruppe, die „uns“ in diesem Sinne nicht ähnlich sind. Die entscheidende Frage ist nun aus meiner Sicht, ob sich die Kooperationsstrukturen, die für kleine Gruppen gelten, auf die heutigen Probleme der modernen Welt erfolgreich übertragen lassen werden oder nicht.“
Sokrates fragt: Daniel Brühl
Daniel Brühl zweifelt an Europa, zugleich will er an dieser Illusion festhalten.
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