Anna Seghers-Preis 2023 für den haitianischen Autor Makenzy Orcel und den deutschen Dramatiker Bonn Park
Berlin, 10. Mai 2023 – Der Anna Seghers-Preis 2023 geht an den haitianischen Autor Makenzy Orcel und den deutschen Dramatiker Bonn Park. Die Preisverleihung findet am 10. Juni 2023 in der Akademie der Künste am Pariser Platz statt. Zusätzlich laden die Seghers-Stiftung und Seghers-Gesellschaft die Preisträger der Coronajahre zu Lesungen nach Berlin ein.
Mit dem haitianischen Romancier und Lyriker Makenzy Orcel wird erstmals ein frankophoner Autor aus Lateinamerika ausgezeichnet. Der Juror Gernot Kamecke hebt insbesondere seine Romane „Les Immortelles“ (Die Unsterblichen), „L’Ombre animale“ (Tierischer Schatten) und „L’Empereur“ (Der Kaiser) hervor, „deren sprachspielerische Traumwelten die soziale und politische Gegenwart Haitis sezieren“.
Mit Bonn Park wird ein deutscher Preisträger geehrt, dessen Schwerpunkt auf der Dramatik liegt, womit auch er in der Geschichte des Anna Seghers-Preises eine Ausnahme bildet. Jurorin Christine Wahl hebt das breite Spektrum an Inspirationsquellen für Parks Werke hervor, von Tschechow und Schiller bis hin zu Walt Disney und amerikanischen Highschool-Musicals. „Als scharfsinniger Beobachter mit buchstäblich vor-urteilsfreiem Blick betrachtet er sein Material, verdichtet es mit einem begnadeten Bewusstsein für menschliche und gesellschaftliche Abgründe zu luziden Gegenwartsanalysen – und schenkt der (Theater-)Literatur als post-postmoderner Romantiker einen erfrischend neuen künstlerischen Ton“.
Der mit jeweils 12.500 Euro dotierte Anna Seghers-Preis wird von der Anna Seghers-Stiftung an junge Autor*innen aus dem deutschen Sprachraum und aus Lateinamerika verliehen, die im Sinne von Anna Seghers mit den Mitteln der Kunst zur Entstehung einer gerechteren Gesellschaft beitragen wollen. Die Auswahl der Preisträger übernehmen im jährlichen Wechsel von der Stiftung beauftragte Persönlichkeiten aus dem literarischen Leben.
Die Preisträger
Der Lyriker und Romancier Makenzy Orcel wurde 1983 in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince geboren, wo er bis heute lebt. Sein vielbeachteter Romanerstling „Les Immortelles“, wurde mit dem Grand Prix Thyde Monnier ausgezeichnet und ins Englische übersetzt. In seinen Texten erzählt er die Geheimnisse und Schwierigkeiten des Lebens in den Slums von Port-au-Prince. Inzwischen hat er sieben Romane und acht Gedichtbände veröffentlicht, für die er zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Zuletzt erschienen der Roman „Une somme humain“ (2022), der auf der Shortlist des Prix Goncourt stand, sowie der Gedichtband „Pur sang“ (2021).
Bonn Park, geboren 1987 in Berlin, wuchs in Deutschland und Südkorea auf. Er kam schon als Jugendlicher mit dem Theater in Berührung und sammelte ab 2008 an der Berliner Volksbühne erste Erfahrungen als Regisseur und Theaterautor. Er studierte Szenisches Schreiben an der UdK Berlin. Zu seinen Werken zählen zum Beispiel „SIMBA – Prinz von Dänemark“, „Bambi & die Themen“, „Das Knurren der Milchstraße“ sowie die Oper „Drei Milliarden Schwestern“, die an zahlreichen Bühnen in Deutschland und im Ausland aufgeführt wurde. Parks Stücke wurden in viele Sprachen übersetzt und gewannen renommierte Preise, u.a. den Friedrich-Luft-Preis, den Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis und den Stückemarkt des Berliner Theatertreffens.
Die Juror*innen:
Christine Wahl wurde 1971 in Dresden geboren und studierte Germanistik, Philosophie und Soziologie in Freiburg i. Br. und Berlin. Anschließend arbeitete sie als Autorin und Theaterkritikerin u. a. für Theater heute und den Tagesspiegel. Seit 2020 ist sie Redakteurin bei Theater der Zeit. Sie wirkte als Jurorin u. a. für das Theaterfestival Impulse (2008–2009), den Hauptstadtkulturfonds (2010–2013), das Berliner Theatertreffen (2010–2013) und für das Festival für junge Regie Radikal Jung.
Gernot Kamecke, Jahrgang 1970, studierte Lettres Modernes und der Littérature comparée an der Université Paul Valéry in Montpellier sowie Germanistik, Hispanistik und Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin. 2004 promovierte er über „Die Orte des kreolischen Autors: Beiträge zu einer Hermeneutik postkolonialer Literatur am Beispiel der Identitätsfiktionen von Patrick Chamoiseau“. 2013 folgte die Habilitation, seither ist er Privatdozent und übernahm Gast- und Vertretungsprofessuren in Bogota, München, Erfurt und Berlin.
Preisverleihung 2023
Sa, 10. Juni, 19.30 Uhr
Akademie der Künste am Pariser Platz, Plenarsaal
Eintritt frei, Anmeldung unter ticket@nulladk.de oder vor Ort, tgl. 10-20 Uhr
Außerdem liest die Preisträgerin des Anna Seghers-Preis 2021, die Bolivianerin Magela Baudoin, am nächsten Tag im Literaturforum im Brecht-Haus. Sie konnte damals wegen Corona nur digital an ihrer Preisverleihungen teilnehmen und wurde nun von der Anna Seghers-Stiftung und -Gesellschaft extra nach Berlin eingeladen:
So, 11. Juni, 19 Uhr
Magela Baudoin (Bolivien) u
Literaturforum am Brecht-Haus, Chausseestraße 125, 10115 Berlin
Vendrá la muerte y tendrá tus ojos
DER TOD WIRD KOMMEN UND ER WIRD DEINE AUGEN HABEN
Die Preisträgerin im Gespräch mit Christiane Quandt (Dt./Span.)
Das Schicksal einer Elefantenkuh verwebt sich mit dem einer Schwedin, die in Syrien im Krieg humanitäre Hilfe geleistet hat. Ein Kind fällt (oder stürzt sich?) aus dem 13. Stock in den Tod, eine Familie gerät aus den Fugen. Eine indigene Frau erzählt ihre Geschichte aus Gewalt und Unterdrückung. Magela Baudoins Novellen und Erzählungen sind sowohl sprachliche Meisterwerke als auch im besten Sinne „welthaltig“.
Weitere Informationen:
https://lfbrecht.de/event/der-tod-wird-kommen-und-er-wird-deine-augen-haben-vendra-la-muerte-y-tendra-tus-ojos/
www.anna-seghers.de
https://www.adk.de/de/programm/?ort=24067
Pressekontakt:
Sabine Schaub, Tel: 030 31 99 83 40, mobil: 0172 799 7566, s.schaub@nullschwindkommunikation.de