Cover_Nietzsche

Denker mit Risiken und Nebenwirkungen: „Also sprach Nietzsche“
Sonderheft des Philosophie Magazins ab 14. Juni am Kiosk

Berlin, Juni 2017 – „Ich bin kein Mensch, ich bin Dynamit“ schrieb Friedrich Nietzsche Ende seines Lebens in „Ecce Homo“. So unbescheiden wie wahr: Als kraftvoller Kritiker der Kultur, der Moral, des Christentums und der gesamten abendländischen Philosophie ist Nietzsche nichts weniger als ein epochales Ereignis des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die Themen, die er scharfsinnig ins Visier nimmt, sind heute geradezu von besonderer Brisanz. Was bedeutet Leben in einer säkularisierten Welt? Was, wenn Gott tot ist? Wie können wir zu „Fakten“ über die Welt gelangen, wenn es doch nur Interpretationen davon gibt? Seine Idee des „Übermenschen“ wirkt im Lichte heutiger Gentechnik hellsichtig und gefährlich zugleich. Auch seine antidemokratische Kritik am „Herdentier“ Mensch mag manchem heute wieder gefallen.

Nietzsches Einfluss auf das 20. Jahrhundert ist enorm, im Guten wie im Schlechten. Die Lebensphilosophie, die Kritische Theorie der Frankfurter Schule, die gesamte Postmoderne, Musik und Kunst haben sich von ihm inspirieren lassen. Aber auch Faschisten und Nationalsozialisten sahen in ihm einen Vordenker.

Mit vielen Originaltexten von Nietzsche, historischen Texten u.a. von Sigmund Freud, Thomas Mann, Georg Lukács, Karl Jaspers, Theodor W. Adorno, Michel Foucault, sowie Beiträgen und Interviews u.a. von Rüdiger Safranski, Andreas Urs Sommer, Harald Lemke, Annemarie Pieper, Christoph Türcke, Kerstin Decker, Martin Saar, Volker Gerhardt – ergibt sich ein differenziertes Bild des Denkers. Chefredakteurin ist Catherine Newmark. Das Sonderheft ist ab 14. Juni am Kiosk.

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

Kapitel und Beiträge:

EIN WENIG ÜBERMENSCHENTUM SCHADET NICHT“ – GESPRÄCH MIT RÜDIGER SAFRANSKI
Zitate
„Ich bin gegen eine Entschärfung von Nietzsche. Nietzsche zum halben Preis finde ich ein wenig langweilig… Die gegenwärtige Philosophie ist ja politisch extrem brav, die redet ja wie ein evangelischer Kirchentag, dieser Moralismus ist ja manchmal kaum auszuhalten… Wir brauchen auch den bösen Nietzsche. Eine Dosis Zynismus tut immer gut.“

„Die ungebrochene Attraktivität Nietzsches liegt doch auch darin, dass er ein Bedürfnis in uns bedient: Wir wollen hören, dass wir eigentlich in der falschen Welt leben… Diese Verlockung zur Fundamentalopposition gegenüber dem Bestehenden bedient Nietzsche auf hinreißende Weise.“

 

MORAL
Der große Verdacht gegen die Ethik des Abendlandes

DAS CHRISTENTUM SELBST HAT GOTT ABGESCHAFFT“ – GESPRÄCH MIT ANDREAS URS SOMMER
Über Nietzsches Rundumschlag gegen die abendländische Philosophie und ihre christlich geprägten Moralvorstellungen – und seine Phantasien von ungebändigten „Starken“, die sich mit Macht und Gewalt gegen die Schwachen und ihre Moral durchsetzen.
Zitat:
„Der Wille zur Macht ist weniger als Lehre, sondern eher als Denkexperiment zu verstehen. Es ist eine Gegenkonzeption zur darwinistischen Selbsterhaltungstheorie“

FRITZ BREITHAUPT: DAS RESSENTIMENT IST GIFT FÜR DIE POLITIK
Warum Nietzsches psychologische Analyse des Ressentiments gerade heute so wichtig ist, und wieso Donald Trump sich im permanenten Ressentiment gut eingerichtet hat.
Zitat:
„Der moderne Starkult bestätigt Nietzsches Einsichten deutlicher, als Nietzsche es wohl vollständig hat voraussehen können“

 

APOLL & DIONYSOS

„Die Kunst ordnet das Chaos“Gespräch mit Renate Reschke

KERSTIN DECKER: WAGNER ALS VATER UND FEIND
Zitat:
„Nietzsches Spätphilosophie des Willens zur Macht ist zuerst und zuletzt die Gegenreaktion auf Wagners Denunziation der Macht im Ring“

 

LEIB
Ernährung, Geschlechtlichkeit, Krankheit, Wahnsinn

HARALD LEMKE: DIE WURSTIGKEIT DER WAHRHEIT
Zitat:
„Nietzsche hat in seinen Büchern mehrfach die Ahnung notiert, dass der geistige Zustand der Menschen eine ebenso physische wie moralische Folge seiner Ernährungsweise sei“

„EIN VORLÄUFER DES FEMINISMUS“ GESPRÄCH MIT ANNEMARIE PIEPER
Warum Nietzsche, der große misogyne Polemiker, doch zumindest indirekt auch für den Feminismus im 20. Jahrhundert wichtig wurde.
Zitat:
„Vieles, was Nietzsche über den Übermenschen sagt, lässt sich auch auf Frauen anwenden. Die Vorstellung, dass das Menschengeschlecht über sich hinauswachsen soll. Das ist eine grundlegend emanzipatorische Idee!“

EVA WEBER-GUSKAR: DIE FORTDENKERIN
Über Nietzsches kurze Liebe zu Lou von Salomé, seiner Schwester im Geiste.

„VON DER VERNUNFT IN DEN WAHN GETRIEBEN“ GESPRÄCH MIT CHRISTOPH TÜRCKE

 

WILLE ZUR MACHT
Nietzsche im Nationalsozialismus

KERSTIN DECKER: DAS ÜBERLIESCHEN
Nietzsches Schwester und Nachlassverwalterin Elisabeth Förster-Nietzsche galt lange als Verfälscherin seines Werkes, die das geistige Erbe ihres Bruders in die Hände der Nationalsozialisten gelegt habe. Kerstin Decker zeigt, dass die Geschichte komplizierter war.

„NIETZSCHE IST PROTOFASCHIST“ GESPRÄCH MIT BERNHARD H. F. TAURECK
Nietzsche selber hätte sich dem NS nicht angeschlossen, aber in seinen Schriften fanden die Nazis doch vieles, das sie in einer – freilich sehr selektiven Lektüre – aufgreifen konnten: Kritik an der Moderne, Elitismus, Verherrlichung des Starken, Kriegsbegeisterung.

 

ÜBERMENSCH
Kann der Mensch über sich selbst hinauswachsen? Eine philosophisch seit jeher faszinierende Frage, die für Nietzsche zentral war. Auch heutige Transhumanisten schließen bei ihren Überlegungen über genetische Veränderungen des Menschen an Nietzsche an.

„ALLES MUSS STERBEN ODER SICH ENTWICKELN“ GESPRÄCH MIT STEFAN LORENZ SORGNER
Zitat:
„Die genetische Modifikation muss als eine erweiterte Form elterlicher Erziehungsmaßnahmen verstanden werden“

NILS MARKWARDT: NIETZSCHE ALS ERZIEHER
Nietzsche hat seit jeher vor allem auf die Jugend äußerst anziehend gewirkt. Liegt es vielleicht an seinem Pathos, seinen heroischen Phantasien, an seinem radikalen Gestus? Oder schlicht daran, dass jeder sich missverstanden fühlender Teenager gerne mal Superman wäre?

 

POSTMODERNE
Kein Denker war für die französische Philosophie der 1960er und 1970er wichtiger als Nietzsche. Von ihm übernahmen sie die Kritik an der Metaphysik, die Aufwertung des Leibes – und die Überzeugung, dass Tatsachen immer Interpretationen sind.

„DIE POSTMODERNE IST NICHT POSTFAKTISCH“ GESPRÄCH MIT MARTIN SAAR
Zitat:
„Die Idee, dass die Wissenschaft die Tatsachen bereitstellt und sich die postfaktische Politik um die Tatsachen nicht schert – das ist ein zu simples Bild von Wissenschaft“

 

EWIGE WIEDERKEHR
Was, wenn nichts je zu Ende ginge?

„DIE ENDLICHKEIT HAT NICHT DAS LETZTE WORT“ GESPRÄCH VOLKER GERHARDT
Zitat:
„Der Mensch weiß von seiner Endlichkeit und er erfährt sie in der Regel als schmerzliche Begrenzung… Gesetzt, man hat unter diesen Konditionen plötzlich die Einsicht, dass die Endlichkeit gar nicht das letzte Wort ist, dass vielmehr alles wiederkehrt, dann kann, ja, dann muss dieser Gedanke etwas höchst Befreiendes und zutiefst Tröstliches haben.“

 

PRESSEKONTAKT
Sabine Schaub, Tel: +49 – 030 31 99 83 20, s.schaub@nullschwindkommunikation.de